Fans – Bewunderer oder Stalker? Eine Gratwanderung


Es ist ein schmaler Grat zwischen eingefleischten Fans eines Künstlers und Stalkern. Ein Fan nimmt alle Möglichkeiten wahr, Auftritte, Autogrammstunden oder Liveaufzeichnungen von Fernsehshows mitzuerleben, kauft CDs, DVDs, Fanartikel jeglicher Art und hofft auf ein persönliches Autogramm oder sogar ein gemeinsames Foto. Einem Stalker reicht das nicht. Er versucht alles über seinen Star herauszufinden und lauert ihm auch gern an dessen Auto auf, wenn der Auftritt längst vorbei ist – als Stalker hat er natürlich längst herausgefunden, welcher fahrbare Untersatz seinem Star gehört. Mit dem Abpassen am Bühneneingang hat das nichts mehr zu tun – auch immer wieder nervig, aber offenbar geht es nicht ohne. 

Die Erkenntnis, dass der betreffende Künstler nach dem Auftritt Privatmensch ist und schlichtweg Feierabend hat, will in den Köpfen einfach keinen Platz haben. Viel zu wenige machen sich klar, dass ein Auftritt – sei es als Sänger, als Bühnenschauspieler oder bei einer Autogrammstunde – für den Künstler Arbeitszeit ist: die Fans schauen ihrem Idol bei der Arbeit zu. Aber während jedem anderen berufstätigen Menschen auch Freizeit zugestanden wird, ist das bei Prominenten offenbar anders, die haben ihren Fans zu gehören, und zwar jederzeit und mit Haut und Haaren. Solange der Künstler das Spiel mitmacht, ist auch alles in Ordnung, und jeder Künstler weiß, wie wichtig Fans sind, denn ohne Fans kein CD- oder DVD-Umsatz, keine verkauften Tickets und keine Unterstützung bei sonstigen Tätigkeiten. Für einige Künstler sind Fans so wichtig, dass sie ihre ohnehin knapp bemessene Freizeit hintenanstellen, um ihnen ihre Wünsche zu erfüllen … das 100ste Foto, Autogramm, Videobotschaft – was auch immer. Dagegen ist nichts zu sagen, das macht Fans aus, und das macht auch den Künstler aus, der sich dessen bewusst ist und der dies darüber hinaus auch gern macht für seine Fans, denen er seinen Erfolg verdankt. Mancher Künstler betont das immer wieder, sei es im Fernsehen oder auf der Bühne – und man spürt, dass es ihm sehr ernst damit ist.

Was aber passiert, wenn dieser Künstler sich vorübergehend von der Bühne zurückzieht, um einen anderen, für ihn wichtigen Weg weiterzuverfolgen? Stehen diese Fans dann auch hinter seiner Entscheidung?

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Antwort: Ja, seine Fans akzeptieren das und freuen sich für ihn und seinen neuen Weg, auch wenn sie in Zukunft zunächst auf die Möglichkeit, ihn live zu sehen, verzichten müssen. Sie werden ihn weiterhin unterstützen, wie sie es bisher auch getan haben und darauf warten, dass die „Auszeit“ schnell vorbeigehen möge.

Ein Stalker hingegen wird das nicht akzeptieren. Er ist der Meinung, über seinen Star bestimmen zu können, und meint, für diesen Entscheidungen treffen zu können. Er übersieht dabei, dass ein Künstler sich mit CDs, DVDs oder Merchandise-Artikeln nicht selbst mit verkauft, sondern ein eigenes Leben hat, für das er Entscheidungen treffen muss, die für seine Zukunft wichtig sind. Wenn dies beinhaltet, der Bühne für eine bestimmte Zeit fern zu bleiben und einen Beruf auszuüben, der ihm in genau diesem Augenblick sinnvoller und emotional richtig erscheint, akzeptiert der Stalker diese Entscheidung nicht – er will seinem Idol weiterhin nahe sein, Und wenn das auf der Bühne nicht geht, dann wird halt herausgefunden, wo derjenige momentan beschäftigt ist, und der Arbeitgeber mit Telefonaten bombardiert.

 

Schwierig ist allerdings, dass manche Menschen sich des Egoismus‘ gar nicht bewusst sind  – SIE wollen es so, weil SIE ohne ihr Idol die leere Stelle in ihrem Leben nicht ausfüllen können – was ER will, ist ihnen dabei völlig egal, weil sie sich nicht in ihn hineinversetzen können. Sie sehen nur ihr eigenes Ziel. Und verwechseln das mit „Fan-Sein“. Dass sie dem Star, der im Augenblick seinen Star-Status nicht leben möchte, damit das Leben schwer machen, ist im günstigsten Fall eine Erkenntnis, derer sie nicht mächtig sind. Im ungünstigsten Fall ist es ihnen bewusst, und sie tun es trotzdem. Das ist der Punkt, wo es nicht nur unfair, sondern böse wird.

Und kurz vor diesem Punkt sollten sich alle diejenigen, die auf der „Ich bin ein Fan und will nur sein Bestes, und das ist das, was ich für richtig halte“-Schiene reiten, sich mal kräftig durchschütteln lassen, damit nicht nur die manchmal noch rudimentär vorhandenen Hirnzellen, sondern auch die offenbar außer Kontrolle geratenen Hormone wieder in die richtigen Relationen gebracht werden – bevor es unfair wird.

Die Rolle der Medien

Angeheizt wird dieses Verhalten leider auch immer wieder durch die Presse, die den Lesern suggeriert, Stars seien Freiwild, die sich alles gefallen lassen müssen, weil sie in der Öffentlichkeit stehen. Dass gerade Künstler sehr sensible Menschen sind, weshalb sie so überzeugend sind in ihrer Tätigkeit, wird dabei verdrängt, denn gute Menschen bringen selten gute Schlagzeilen. da muss im Zweifelsfall nachgeholfen werden, um das eigene Blatt interessanter zu machen.

Journalisten schreiben Artikel. Zeitungen drucken sie. So weit, so gut. Je bekannter die Person ist, über die geschrieben wird, desto mehr Leser interessiert der Artikel. Und jede Zeitung möchte die erste sein, die Neuigkeiten veröffentlicht – je reißerischer, desto besser. Und nur die erste Veröffentlichung wird diejenige sein mit den meisten Lesern. Es gilt also, schnell zu sein. Fotos von Prominenten, die sie in unvorteilhaften Posen zeigen, werden ebenfalls gern genommen – Persönlichkeitsrechte werden mit Füßen getreten. Und bei dem ganzen Wettlauf, die ersten sein zu wollen, bleibt eines auf der Strecke: Die Recherche. Stimmt die Information denn überhaupt? ‚Ach was, wird schon stimmen, wenn Zeitung XY das gedruckt hat, werden die das schon überprüft haben‘ – nur leider hat sich Zeitung XY dasselbe gesagt, um keine Zeit zu verlieren. In Zeiten der Online-Magazine, die praktisch stündlich neue Berichte publizieren müssen, um konkurrenzfähig zu sein, treibt das besondere Blüten: Es wird nur noch übernommen, voneinander abgeschrieben, teilweise mit unverändertem Wortlaut, um schnell zu sein. So verbreiten sich Gerüchte in rasanter Geschwindigkeit. Soweit diese „Informationen“ der Wahrheit entsprechen, ist das Verhalten zwar unprofessionell, aber nicht weiter schädlich, nur in manchen Fällen unangenehm. Was aber, wenn es einfach nichts zu berichten gibt? Dann greifen manche Portale Dinge auf, die keine Zeile wert sind, schmücken sie aus, versehen sie mit einer reißerischen Schlagzeile und nutzen einen kilometerbreiten Interpretationsspielraum – vorsichtig ausgedrückt. Immer wieder werden hierfür sogar „Zitate“ bemüht, die dem Ganzen einen seriösen journalistischen Anstrich mit entsprechender Recherche verleihen sollen – nur hat es diese „Zitate“ nie gegeben. Sie werden dem Prominenten in den Mund gelegt, um den Artikel zu unterstreichen – wer will als Leser schon nachprüfen, ob ein Zitat der Wahrheit entspricht und eine Unterredung tatsächlich stattgefunden hat? Umso lieber greifen aber Konkurrenzblätter diese Artikel auf, weil sie ebenfalls davon ausgehen, dass das betreffende Zitat stimmt – und fühlen sich dabei vermutlich gar nicht mehr verpflichtet, eigene Recherchen anzustellen.

Der Leidtragende in dem Fall? Nicht der Leser, denn der muss ja keine Zeitung mehr kaufen, um die „Informationen“ zu bekommen, das erledigt er mit einem Klick auf das Online-Portal. Die Zeitung? Nein, die haben ja ihre „Arbeit“ getan und schreiben schon am nächsten Bericht – nichts ist so alt wie der Artikel von vor ein paar Stunden. Nicht mal die Umwelt hat ein Problem damit, denn der Schund wird ja nicht mehr gedruckt, also auch kein Papier verwendet.

Der einzige Leidtragende ist der Betroffene, über den die falschen Informationen verbreitet wurden – derjenige hat anschließend nicht nur alle Hände voll zu tun, um seinen angeschlagenen Ruf wiederherzustellen. Aber nicht nur das – in Zeiten der Anonymität in sozialen Netzwerken, in denen es dem einzelnen so leicht gemacht wird, sieht sich so mancher Prominente einem „Shitstorm“ ausgesetzt, für den er nichts kann und den er auch nicht durch sein Verhalten oder Äußerungen ausgelöst hat, sondern der einzig auf journalistische Falschmeldungen zurückgeht, die sich in dieser Form unverhältnismäßig lange im Internet halten.

Soziale Netzwerke

In Zeiten von Facebook, Twitter und Co. ist es verhältnismäßig einfach, sich anonym im Internet zu bewegen und sich Profile zu erstellen, die den Menschen dahinter verbergen. Dagegen ist an sich nichts zu sagen, solange mit diesen Profilen bewusst umgegangen wird und der Respekt, den andere Personen genau so verdienen wie man selbst, nicht angetastet wird. Allerdings macht die Anonymität im Netz es vielen Personen sehr leicht, genau das außer Acht zu lassen, und benutzen sie, um den Frust über ihr eigenes unausgefülltes Leben an Menschen auszulassen, die ihnen dafür geeignet erscheinen. Da sie Aufmerksamkeit wollen, suchen sie sich am liebsten öffentliche Seiten von Prominenten aus, denn da können sie sicher sein, dass es von vielen Menschen gelesen wird. „Trolle“, so die offizielle Bezeichnung, sind Mitmenschen, die den Frust über ihr eigenes Leben dadurch zu kompensieren versuchen, indem sie anderen das Leben schwer machen. Nach dem Motto „Wenn ich schon kein schönes Leben hab, sollst du auch keins haben“ pöbeln sie sich durch die sozialen Netzwerke und sind erst dann zufrieden, wenn sie ihr Arsenal an Beleidigungen verschossen haben – ist ja alles so einfach, sind nur anonyme Profile, und sie stehen niemandem direkt gegenüber. Was solche Dinge allerdings bei Menschen anrichten, die so etwas über sich ergehen lassen müssen, ohne wirklich eingreifen zu können, ist einem Troll egal – der denkt nur so weit, wie sein begrenztes Denkvermögen ihn lässt. Und dieses wird durch den massiven Minderwertigkeitskomplex, der diese Handlungsweise auslöst, weiter eingeschränkt. Leider hält die Genugtuung nur kurz an – das nächste Opfer ist nicht weit, und man fängt wieder von vorn an. Das Beste, was man tun kann, ist denjenigen zu ignorieren, auch wenn es schwer ist – aber lässt man einen Troll ins Leere laufen und verweigert ihm die Antwort, entzieht man ihm die Energie – etwas, das ich selbst noch eingehender lernen muss, weil ich persönlich Ungerechtigkeiten und unfaires Verhalten nicht vertrage – am allerwenigsten bei Personen, die mir nahestehen.

Fazit: Die Welt besteht nicht nur aus Egoisten, aber offenbar geht es nicht ohne – es wäre zu wünschen, dass jeder sich mal selbst in Frage stellt und überlegt, ob einzelne Punkte dieses Artikels (der im übrigen nicht abgeschrieben, sondern selbst recherchiert ist) auf ihn zutreffen und ob es Handlungsbedarf gibt, damit andere ein bisschen mehr Achtung und Respekt erfahren können. Damit wäre schon viel gewonnen.

 

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