Das Licht verlöscht. Eine Uhr tickt laut. Die Bühne liegt in gedämpften, blauen Licht. Nebel fließt. Instrumente und Mikrofone werden nur leicht beleuchtet. Das Stimmengewirr wird leiser und dann ist nur noch das leise Ticken der Uhr zu hören….
Es ist Mittwoch, der 8. März 2017 und wir sind im „Gloria-Theater“ in Köln. Hier findet heute um 20 Uhr das erste Konzert der Tournee zur gerade veröffentlichten CD „Grenzenlos Mensch“ statt. Und es begann dann ganz ruhig – mit dem Ticken einer Uhr. Kurz nach 20 Uhr kamen die Musiker auf die Bühne und nach den ersten Tönen der etwas sphärisch wirkenden Musik von „Vergessen“ betrat dann auch Stefan Jürgens die Bühne. Leger angezogen, in Jeans, Hemd und Weste setzt er sich an das Klavier und beginnt zu singen. Und präsentiert das Lied in einer Art, die noch intensiver ist als auf CD.
Nachdem der Sänger das Publikum begrüßt hat, stellt er direkt die Band vor. Sechs tolle Musiker, mit denen er teilweise schon seit vielen Jahren gemeinsam Musik macht. Dann leitet Stefan Jürgens mit einigen Gedanken zum Thema Vergangenheit („Das Schöne an der Vergangenheit ist, dass sie nicht älter wird“) zum nächsten Song „Noch immer ich“ über in dem es ein erstes von vielen wunderbaren Saxophonsoli von Ralf Kiwit gibt.
Als dritten Song gab es schon nach „Vergessen“ einen zweiten Lieblingssong von mir aus dem aktuellen Album: „Gewinner“. Stefan Jürgens hat mittlerweile das Klavier verlassen und unterstreicht den Song vor dem Mikrofon stehend mit wenigen, aber sehr gezielten Gesten.
Mit dem bereits älteren Song „Nicht eine Sekunde“ geht es weiter, diesmal am Klavier. Eine gute Wahl, denn der Song passt thematisch und stilistisch perfekt in die Songauswahl.
„Geht es noch gut?“ So wendet sich der Sänger dann wieder an das Publikum. Wieder erzählt er ein wenig, diesmal über die Aufregung an einem Tourneeauftakttag, und geht dazu über, darüber zu reflektieren, was im Leben eigentlich wirklich zählt – dem Thema des nächsten Songs „So nah“.
Eine weitere Einleitung beschreibt den Flohmarkt von „St. Jordi“ auf Ibiza – ebenfalls ein älterer Titel, der hier neu arrangiert wurde und einfach absolut passend wirkt.
Außerdem hilft er bei der Überleitung zum nächsten Song „ich wünsche Dir“, einem Geburtstagslied für einen guten Freund, den er von Ibiza kennt. Der Song fängt ruhig an, Klavier und Gitarre, und erst beim Refrain ist die ganze Band im Einsatz. Der Song ist insgesamt eher ruhig, aber steigert sich durch Musik und Gesang zum Ende hin zu einer unglaublichen Intensität.
Mit einer Reflexion zum Thema ‚Freunde‘ leitet Stefan Jürgens dann zu Menschen über, die immer nörgeln und meckern, und kündigt mit dem Worten er habe irgendwann entschieden „ich bin zu alt für Arschlöcher“ zum ebenfalls schon älteren Song „Regenmacher“ über.
Dann gibt es eine schöne kleine Anekdote über den siebenjährigen Stefan Jürgens in seinem ersten Urlaub in einem Ferienlager. Und auch, wenn die Geschichte lustig ist, gerade auch durch die Art, wie er sie erzählt, passt sie wunderbar, um zu dem Titelsong des Albums „Grenzenlos Mensch“ überzuleiten. Dieser Song ist schon auf CD berührend, aber live ist er noch viel intensiver und berührender – das Gitarrenspiel von Sebastian Jung am Ende des Songs hat dann noch für zusätzliche Gänsehaut gesorgt.
Mit dem neuen alten Song „Geld“ geht es am Klavier weiter. Dieser Song ist auf CD zwar gut, aber er entwickelt live erst wirklich die Emotionen, die durch die starken Worte im Text geweckt werden. Das Sopransaxophon, wieder gespielt von Ralf Kiwit, trägt sicher auch dazu bei.
„Leben Bizarr“ ist auf CD ein Song, den ich mag, der aber keiner meiner Favoriten ist. Live dagegen ist der Song für mich einer der energiereichsten Songs, der das Publikum einfach mitreißt.
„Deine Feuer“ ist erneut ein älterer Song, der live sehr gut in das Programm passt.
Danach wird wieder reflektiert. Über die heutige Zeit. Und wie schön es wäre, mehr Überblick zu haben. Und damit geht es über zur aktuellen Single „Fliegen können“. Auch hier fielen wieder besonders die gezielten kleinen Gesten auf, mit denen Stefan Jürgens den Song unterstützt.
Und wieder eine Geschichte. Und Stefan Jürgens ist ein guter und unterhaltsamer Geschichtenerzähler. Und auch hier schafft er es wieder, mit einer witzig erzählten Geschichte aus der Vergangenheit zu einem ruhigen, besinnlichen Thema zu leiten, zum Song „zu Haus“. Und hier passiert genau das, was so ein Live-Konzert ausmacht: nach einem Texthänger bricht Stefan Jürgens das Lied ab: „ich fang noch mal an!“ Und startet noch einmal neu.
„Unsere Zeit“ ist wieder ein guter alter Bekannter, trotzdem neu und anders arrangiert als auf der letzten Tour.
Mit dem eigentlich schon als Klassiker zu bezeichnenden Song „Engel“ geht es nahtlos weiter. Ich weiß nicht, ob der Song jemals gefehlt hat, ich weiß nur, dass er mir fehlen würde, dieser Song gehört einfach dazu.
Dann geht es schon fast rockig weiter mit „Sieben Leben“. In dem Song werden noch einmal alle Bandmitglieder namentlich vorgestellt und Sänger und band gehen von der Bühne.
Nach „Zugabe“-Rufen des Publikums geht es weiter. Ohne große Ankündigung kommt der Song „So viel“, und auch hier fehlt erst einer der Musiker: „Einer fehlt noch, so was kommt in den besten Familien vor!“
„Ich fühl alles“ ist wieder ein älterer Song, den der Sänger sehr leidenschaftlich präsentiert.
Mit dem sehr sparsam instrumentalisierten „Ich wüsste nichts besser ohne dich“, nur Klavier, Bass und am Keyboard produzierte Streicher, endet das Konzert dann sehr ruhig mit den Worten „Kommen Sie gut nach Hause!“
Nach dem Konzert gab Stefan Jürgens noch Autogramme, und es gab auch die Möglichkeit die letzten beiden CDs und die nur bei den Konzerten erhältliche Live-DVD zur letzten Tour zu erwerben.
Als Fazit kann ich nur sagen: Dieses Konzert hat sich mehr als gelohnt. Es gab keine große Bühnenshow, es gab keine Lightshow, keine Pyrotechnik. Wer so etwas sucht, ist hier falsch. Aber man bekommt sieben erstklassige Musiker, denen man die Leidenschaft zur Musik anmerkt (und die ich eigentlich alle namentlich für den einen oder anderen Song loben müsste – alle waren einfach unglaublich!). Und man bekommt einen echten, authentischen Sänger, mit einer markanten Stimme und einer unglaublichen Ausstrahlung, der es schafft, die wunderbaren Songs und die oft sehr nachdenklichen Texte dem Publikum nahe zu bringen. Ich kann nur jedem empfehlen, auf ein Konzert zu gehen. Weitere Termine sind für den Herbst geplant, und ich werde auf jeden Fall dabei sein!